März – April 2024: Beta Humanitarian Help zum 3. Mal in Burundi

Vier Teams in vier aufeinander folgenden Wochen: 94 Operationen

Die Beta Humanitarian Help leistete vom 20.03. – 13.04.2024 den bisher größten Auslandseinsatz seit Bestehen des Vereins. Es reisten vier Teams erneut in die burundische Stadt Bujumbura um im „Hopital Hippocrate de Kajaga“ zu operieren. Neben Prof. Dr. Armin Kraus und Dr. med. Daniel Sattler, die einiges an Erfahrung in Auslandseinsätzen teilen, waren die Fachärzte für Plastische Chirurgie Dr. med. Nauras Abuagela und Dr. med. Raphael Armbruster, Dr. med. univ. Ines Niederstätter/Assistenzärztin Plastische Chirurgie, Dr. Julius Reindl/Assistenzarzt Dermatologie, sowie Lena Hartrampf/OTA, Marie-Sophie Wagner/Medizinstudentin und Johannes Breuers/Medizinstudent im Einsatz. Doreen Sattler/Vereinsvorsitzende und Einsatzorganisatorin koordinierte die Einsätze der Teams vorab und vor Ort. Julian Huke begleitete die Teams zum zweiten Mal für die Film- und Fotodokumentation.

Warum wir uns erneut für die Hilfe in Burundi entschiedenhaben

Wir entschieden uns zum dritten Mal Burundi zu bereisen, um dort zu operieren und Menschen, ohne Zugang zu suffizienter medizinischer Versorgung zu helfen. Das kleine ostafrikanische Land zählt weiterhin zu den ärmsten Ländern der Welt. Die wirtschaftliche Lage ist durch einen jahrelangen Bürgerkrieg, durch innenpolitische Instabilitäten, sowie durch sozio-kulturelle Konflikte schlecht. Ähnlich unzureichend ist die medizinische Versorgung der Menschen. Dem burundischen Gesundheitssystem mangelt es an Infrastruktur und Personal. Der Fachkräftemangel und fehlende finanzielle Ressourcen sind ein großes Problem.

Durch die vergangenen Einsätze im „Hopital Hippocrate de Kajaga“ kannten wir bereits die Infrastruktur und die operativen Bedürfnisse des kleinen Krankenhauses, welches üblicherweise vor allem ein Zentrum für Gynäkologie und Geburtshilfe ist. Wir wussten vorab, was uns hinsichtlich der operativen und anästhesiologischen Verhältnisse erwarten würde und helfen nun im vierten Jahr diese auf- und auszubauen. Noch in Deutschland erfolgten die Planung der Team-Einsätze, sowie die Beschaffung der Materialien. Dank zahlreicher Spenden konnten wir neben OP-Instrumenten und Verbandsmaterialien ein Diathermie-Gerät erwerben und spenden. Damit war das parallele Operieren in zwei Operationssälen möglich, sodass wir möglichst viele Patienten operieren konnten. In Zusammenarbeit mit der Fondation Stamm, unter der Leitung von Frau Verena Stamm, und dem Klinikdirektor des „Hopital Hippocrate de Kajaga“, wurde unser Einsatz in Bujumbura vorab in der Öffentlichkeit angekündigt. Wir erhielten noch in Deutschland einen groben Überblick von den zu behandelnden Patient/innen mit fotografisch dokumentierten Krankheitsbildern. Somit wussten wir in etwa was uns erwarten würde.

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Das haben wir in Burundi erlebt

Burundi empfing uns nach einer 20-stündigen Reise mit feuchtem, tropischem Klima. Die Freude gut angekommen zu sein wurde anfänglich leicht getrübt. Wir hatten, wahrscheinlich aus Übermüdung, leider einen der mit OP-Materialien gefüllten Koffer am Flughafen vergessen. Dieser wurde erst am darauffolgenden Tag vom Flughafenpersonal freigegeben. Der Klinikdirektor musste dafür wohl einiges an Überzeugungsarbeit leisten. Unserem Einsatz stand somit nichts mehr im Weg.
Im Krankenhaus erwartete uns gleich am ersten Tag ein spannender Fall. Das Team 1 (Prof. Dr. Armin Kraus, Dr. Julius Reindl, Sabrina Steißkahl), welches bereits seit 7 Tagen im Krankenhaus operierte, hatte einen Patienten, Venant, mit einem beeindruckend großen Weichteiltumor im Bereich der rechten Ohrspeicheldrüse zur gemeinsamen Operation geplant. Wir konnten den Tumor erfolgreich entfernen.

An den darauffolgenden Tagen versorgten wir zwei Patientinnen, Gloria und Adéle mit ausgedehnten, drittgradigen Verbrennungen.Gloria hatte sich durch einen Blitz drittgradigeVerbrennungen an den Beinen zugezogen. Die junge Patientin lag bereits seit Oktober 2023 im „Hopital Hippocrate de Kajaga“ und war seitdem operativ nicht versorgt worden. Ihre kleine Tochter und Schwester waren seitdem bei ihr und verpflegten sie. Adèle, die Buchhalterin des Krankenhauses hatte sich 14 Tage zuvor mit heißem Wasserdampf ausgedehnte Verbrühungen an den Armen, an Rumpf und Oberschenkeln zugezogen. Beiden Patientinnen konnten wir operativ durch Spalthaut-Transplantationen und einem engmaschigen Verbandsregime sehr helfen.

Wir versorgten in den vier Wochen zahlreiche Patient/innen mit großen und kleinen Weichteiltumoren, Zysten, Ganglien, entfernten entstellende Keloide, transplantierten Haut auf chronische Wundenund lösten Narbenstränge. Bei einem Patienten war die Wundsituation seines Unterschenkels so desaströs, dass wir ihm nur die Amputation anbieten konnten. Nach eintägiger Bedenkzeit von Seiten des Patienten, die wir nutzten, um in Bujumbura eine einfache Stahlseilsäge zu besorgen, entfernten wir den infizierten Unterschenkel und bildeten einen gesunden, belastbaren Stumpf zur Prothesenanpassung.

Welche war die größte operative Herausforderung des Einsatzes?

Die Möglichkeiten der präoperativen Diagnostik sind in Burundi sehr eingeschränkt. Uns wurde Evelyne vorgestellt, eine junge Frau, von Beruf Bäuerin, mit einem großen Weichteiltumor im Bereich des rechten Oberlides mit offensichtlich invasivem Wachstum in die knöcherne Augenhöhle und den Augapfel. Das rechte Auge war zu einer beängstigenden Größe angeschwollen und funktionslos. Die Patientin konnte nur noch schemenhaft sehen. Sie berichtete, dass der Tumor seit 12 Jahren stetig größer werde und bisher nie behandelt wurde. Sie konnte sich eine ärztliche Therapie nicht leisten. Wir entfernten den Tumor, mitsamt dem befallenen Augapfel, einen Teil der knöchernen, seitlichen Augenhöhle und rekonstruierten die Defektdeckung durch eine gestielte Muskellappenplastik aus der Schläfe. Durch diese Operation konnte die Patientin vor einer drohenden Infektion und Ausbreitung des Tumors bewahrt werden. Es machte uns große Freude, die Patientin im Verlauf mit verheilten Wunden aus dem Krankenhaus zu entlassen.

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Das haben wir in Burundi erreicht

In vier Wochen konnten wir mit vier Teams, trotz herausfordernder Umstände, viele erfolgreiche Operationen durchführen. Wir führten 94 Operationen durch. Reduziert auf einfachste medizinische Infrastruktur, teilweise mangelhafte hygienische Standards und für uns ungewohnt, rudimentäre Ausstattung sowie nicht vorhandener Diagnostik lehrte uns auch dieser Einsatz umso mehr schätzen, was wir in Europa als selbstverständlich ansehen. Dank bester Zusammenarbeit, großer Motivation und Elan der Teammitglieder, optimaler Vorbereitung des Einsatzes und guter Unterstützung und Organisation vor Ort meisterten wir den Einsatz in Burundi zu unserer vollen Zufriedenheit.

Auf die vier Wochen zurückblickend sind wir sehr dankbar und stolz, erneut die Chance ergriffen zu haben, Menschen zu helfen.